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Das Nechung Kloster befindet sich nur knapp 1km südöstlich von Drepung und war für lange Zeit Sitz des tibetischen Orakels. Sehenswertes Nechungs gespenstische Stimmung macht sich bereits vor den Klostertüren bemerkbar. Die Bettler verhalten sich erstaunlich unterwürfig und die Dorfbewohner wirken ungewohnt mürrisch. Im Innern des Gebäudes wird der Besucher von einer blutrünstigen Aufmachung begrüsst: Die Türen sind mit Bildern abgezogener menschlicher Haut geschmückt und die Wandmalereien im Hotel zeigen Dämonen bei der Folterung sowie in Blut ertrinkende Menschen. In den Kapellen bringen die auffällig schwermütigen Bittsteller eher Schnaps als Äpfel dar. Blutunterlaufene, in grinsenden Schädeln versunkene Augen scheinen einem überallhin zu folgen. Der größte Raum im Obergeschoss ist das Audienzzimmer, wo der Dalai Lama früher das Orakel zu konsultieren pflegte. Weder vom Dalai Lama noch von der Regierung werden Irgendwelche wichtigen Entscheidungen getroffen, ohne zuvor den Rat eines Orakels einzuholen. In der inneren Kapelle zu Ehren von Tsongkhapa stehen Statuen von ihm und seinen beiden wichtigsten Schülern, Gyeltsab Je und Khedrup Je. Die einzige Kapelle im Dachgeschoss beherbergt das Standbild des Padmasambhava, das zwar erst Anfang der 80er Jahre des 20. Jhs. angefertigt wurde, aber dennoch glanzvoll mit altem chinesischen Brokat geschmückt ist. Der Aufstieg lohnt sich, und sei es nur, um der düsteren Atmosphäre im unteren Teil zu entkommen. Geschichte Bis 1959 befand sich in dem Gebäude der Sitz des Tibetischen Orakels, einem Menschen mit besonderen medialen Fähigkeiten. Dieser wird durch ein komplexes Ritual und Gesänge in Trance versetzt und so zum Sprachrohr eines Gottes, in diesem Fall handelt es sich um den weltlichen Dorje Drakden in seiner Eigenschaft als Hauptbotschafter des obersten geistigen Beschützers Tibets, Pehar Gyalpo. Der Originalschrein auf dem Gelände stammt aus dem 12. Jahrhundert, aber der Tempel selbst wurde erst später errichtet. Während der Kulturrevolution musste er schwere Beschädigungen über sich ergehen lassen, doch die Restaurierungsarbeiten schreiten schnell voran. |